Als der Maler Johann Heinrich Wilhelm Tischbein zu Beginn des Jahres 1787 bei der Komposition seines berühmten Ölgemäldes „Goethe in der Campagna“ das Grabmal der Cecilia Metella an der Via Appia Antica als zentrales Motiv für den Hintergrund auswählte, hatten bereits etliche Künstler an diesem in der 1. Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. errichteten antik-römischen Grabmonument ihre intensiven Studien betrieben. Unter den Dokumentationen durch Reisende aus dem deutschsprachigen Raum gehört das hier vorgestellte Blatt zu den ältesten bekanntesten Beispielen. Der bisher nicht näher bestimmbare Zeichner hat das Entstehungsdatum der Skizze am unteren Blattrand notiert: „den 6 tag December 1637. Rom“. Das Grabmal galt besonders wegen des guten Erhaltungszustandes und der sauberen Ausführung des Frieses als beliebtes Studienobjekt und erfuhr vor allem durch die 1756 erstmals publizierte Stichserie Giovanni Battista Piranesis in den Antichità romane eine besondere Würdigung. Auch der Zeichner dieses Blattes hielt das Profil und ein Detail des Frieses in kleinen Skizzen am rechten Bildrand fest. Nur unzureichend gelang ihm jedoch die räumliche Darstellung des zylindrischen Baukörpers.
Ungeachtet dessen ist jedoch der Blickpunkt erwähnenswert, den der Zeichner wählte. Im Gegensatz zur beliebteren Ansicht von der West- und Nordseite des Bauwerks mit der zu Beginn des 14. Jahrhunderts angebauten Burganlage der Gaetani, suchte er sich einen Standort, von dem er den Bau von der Ostseite aus erfassen konnte. Offensichtlich reizte ihn der bildkompositorische Aufbau, der der sich aus dem stufenweisen Aufstieg der Mauern der Burganlage hin zum Baukörper des Mausoleums und dem abfallenden Hang an dieser Stelle ergab.
Neben antiker Architektur zeigte der Zeichner aber auch Interesse an zeitgenössischer Architektur: Auf der anderen Seite des Blattes hielt er – in einer der wohl frühesten bekannten Darstellungen – die Kirche San Giovanni dei Fiorentini in Rom fest. Dieser Kirchenbau war, 1520 nach Plänen Antonio da Sangallo d. J. begonnen, wegen mehrfacher Unterbrechungen erst unter Carlo Maderno 1614 im Außenbau (bis auf die Fassade) vollendet worden.
Nicht zuletzt durch das Format ist das Blatt mit den beidseitigen Skizzen als ursprünglicher Bestandteil eines Reiseskizzenbuchs anzusprechen. Schwierig ist die Identifizierung des Zeichners. Im Hinblick auf Italienreisen deutschsprachiger Künstler besonders im dritten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts ist die Quellenlage dürftig, auch wenn in diesem Jahrzehnt inmitten des Dreißigjährigen Krieges mit Martin Zeiller und Hieronymus Welsch gleich zwei bedeutende Protagonisten der deutschsprachigen Italienrezeption unterwegs waren. Den Umständen dieser kriegerischen Jahre geschuldet, käme am ehesten ein Künstler oder Baumeister aus dem Tiroler oder Bayerischen Raum infrage.
Simon Paulus