Januar 2021

Federico Zuccari(?), Tempelgang Mariens, 3. Viertel 16. Jh.,

Zeichnung, 37,8 x 19,8 cm, Feder, braun, Rötel, weiß gehöht, Blattgold, mit Rötel quadriert

TIB Slg. Albrecht Haupt, kl. I. Z. M 5:6

Die vorliegende Zeichnung ist in keinem guten Zustand: Flecken, Risse, Löcher und Fehlstellen zeugen von einem ausgiebigen Gebrauch des Blattes – ebenso wie die Quadrierung. Beides weist darauf hin, dass die Zeichnung als Vorlage für eine Übertragung in ein großformatiges Gemälde oder Fresko diente.

Dargestellt ist der Tempelgang Mariens, eine Szene aus der Kindheit der Mutter Jesu: Maria wird im Alter von drei Jahren dem Hohepriester des Tempels von Jerusalem vorgestellt. Begleitet von ihren Eltern Anna und Joachim schreitet sie alleine die Stufen empor, um sich in die Obhut des Geistlichen zu begeben.

Die zentralperspektivisch angelegte Komposition zeigt die Szene in einer tonnenüberwölbten Vorhalle. Von kompositen Säulen getragene Gesimse ziehen den Blick des Betrachters in die Tiefe des Bildraums. Im Vordergrund, unterhalb und zu den Seiten dieses Ausblicks gruppiert sich das Bildpersonal. Auf der linken Seite der Hohepriester, er nimmt Maria in Empfang, die ihm eine lange dünne Kerze darreicht. Auf die laut Überlieferung 15 Stufen, die Maria emporsteigt, wurde verzichtet. Anna und Joachim, die in hohem Alter dargestellt sind, entlassen ihr kleines Mädchen vertrauensvoll und mit demonstrativ ausgebreiteten Armen. Begleitet wird die Szene von Tempeldienern, -besuchern und Händlern, die das Geschehen aufmerksam verfolgen.

Eine ältere Passepartout-Notiz schreibt das Blatt dem italienischen Maler und Druckgraphiker Francesco Mazzola gen. Parmigianino (1503–1540) zu. Hier soll der zwei Generationen jüngere Federico Zuccari (ca. 1540–1609) aus Mittelitalien als Autor vorgeschlagen werden: Strichführung, Bildaufbau, Physiognomien und aus anderen Werken bekannte motivische Details (vgl. die vorbereitenden Zeichnungen und erhaltenen Malereien zur Ausstattung der Cappella Grimani in S. Francesco della Vigna in Venedig, 1566) sprechen für eine Entstehung durch seine Hand in den 60er Jahren des 16. Jahrhunderts.

Birte Rubach