Dezember 2020

Josef Hager, Ansicht und Grundriss einer sakralen Portalarchitektur, um 1760

Federzeichnung, laviert

 

TIB Slg. Albrecht Haupt, kl. D. Z. 11:7

Von der hohen kompositorischen und zeichnerischen Meisterschaft des böhmischen Künstlers Josef Hager (1726–1781) zeugt das hier gezeigte Blatt einer mehrstöckigen Portalarchitektur. Die im oberen Bildfeld skizzierte Darstellung der Madonna mit Jesuskind und einem Heiligen (vermutlich der Hl. Lukas, der hier mit einer Leinwand und einem Buch (Evangelium) dargestellt sein könnte)) weist möglicherweise auf einen Entwurf in einem kirchlichen oder klösterlichen Kontext hin. Vielleicht spielt Hager hier aber auch auf den Heiligen Lukas als Schutzpatron der Kunstmaler und damit auf sein Selbstverständnis als aus dem Glauben schöpfender Künstler an. Hager, der bei dem Maler Johann Karl Kowarz in Prag und bei den Szenografen und Theaterarchitekten Antonio d’Agostino und Antonio Galli da Bibiena in Wien seine Ausbildung absolvierte, machte sich besonders mit seinen spätbarocken illusionistischen Scheinkuppeln und Altararchitekturen im böhmischen und mährischen Raum einen Namen. Obwohl von Hager lediglich einige gebaute Altarprojekte bekannt sind, bezeichnete er sich selbst gerne als „Architect“ – so auch in einem Vermerk auf der Rückseite des Blattes.

Insgesamt sind in der Sammlung Haupt sechs Blätter Hagers mit illusionistischen Altararchitekturen, Scheinkuppelentwürfen und Phantasieszenerien vorhanden. Diese Blätter gewähren zudem einen aussagekräftigen Einblick in sammlungsgeschichtliche Zusammenhänge: Auf ihnen ist jeweils vermerkt, dass sie der bedeutenden Sammlung des böhmischen Grafen Franz Joseph von Sternberg (1763-1830) – ab 1780 Graf von Sternberg-Manderscheid – entstammen. Nach dessen Tod wurde die Sammlung in Prag 1831 veräußert, und die Blätter gelangten vermutlich über einen Zwischenbesitzer in die Sammlung Albrecht Haupts.

sp