Zum Projekt
Die Graphischen Einzelblätter der Sammlung Albrecht Haupt (GESAH) bilden nicht nur einen besonders kostbaren Bestand innerhalb der Sammlung; sie bieten aufgrund ihrer Singularität sowie des breiten inhaltlichen und technischen Spektrums für die internationale bau- und kunstwissenschaftliche Forschung auch die größten Potenziale. Dennoch ist dieser Bestand bislang nur einem sehr kleinen Kreis von Kennern bekannt, der zudem auch nur punktuell daran arbeiten konnte. Kernproblem sind die fehlende fachliche Erschließung und die schwierige Zugänglichkeit der Blätter. Dabei stellt die Heterogenität des Bestandes die zentrale Herausforderung dar.
Nachdem die Graphischen Einzelblätter in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach umgelagert und teilweise neu geordnet wurden, sind sie heute nur rudimentär nach formalen und geographischen Kriterien geordnet und über eine Handkartei erschlossen. Da weder ein systematischer inhaltlicher Zugriff noch eine gezielte sachliche Recherche möglich sind, ist ihre Nutzbarkeit stark eingeschränkt. Ziel des Projekts ist es, diesen bislang für die überregionale und internationale Forschung schwer zugänglichen Qualitätsbestand der Graphischen Einzelblätter der Sammlung vollständig zu digitalisieren, fachlich zu erschließen und künftig online frei zugänglich zu machen, um weitere Forschungsimpulse auszulösen.
Unzulänglich erschlossene Graphikbestände wie die Sammlung Albrecht Haupt sind prädestiniert für eine kollaborative Bearbeitung mithilfe digitaler und virtueller Methoden, weil sie unterschiedliche (Fach-)Communities ansprechen. Die Bearbeitung erfolgt daher in enger Kooperation der Projektpartner aus verschiedenen Fachdisziplinen, die in den Abteilungen der Technischen Informationsbibliothek und am Lehrstuhl für Bau- und Stadtbaugeschichte des Instituts für Geschichte und Theorie der Architektur an der Leibniz-Universität Hannover angesiedelt sind.
Das seit 2019 laufende Projekt umfasst drei wesentliche Aufgabenfelder und Zielvorgaben, die im Zuge des im April 2023 begonnenen dreijährigen Fortsetzungsprojekts (GESAH+) um weitere Komponenten ergänzt werden:
1. Digitalisierung
Die noch nicht digitalisierten Objekte der Graphischen Einzelblätter (GESAH), der gebundenen Graphiken und der eigenhändigen Reiseskizzen (GESAH+) der Sammlung Albrecht Haupt werden entsprechend der DFG-Praxisregeln digitalisiert und in das Rosetta-Langzeitarchiv aufgenommen.
2. Erschließung
a. Für alle Graphischen Einzelblätter und Graphikbände erfolgt eine Basiserschließung auf Grundlage vorhandener Informationen und vorläufiger Zuschreibungen.
b. Die Teilmenge unikaler Architekturzeichnungen wird einer fachlichen Tiefenerschließung unterzogen. In diesem Zusammenhang werden zudem erstmalig die Provenienzgeschichte und Sammlungsgenese untersucht. Ergebnisse dieser Arbeit sind in der Publikation „Architekturzeichnungen der Sammlung Albrecht Haupt“ (hg. von Markus Jager und Simon Paulus, Petersberg 2023) dokumentiert.
3. Erschließungsumgebung
Auf Basis der Software Vitro wird eine auf die fachspezifischen Anforderungen ausgerichtete Erschließungsumgebung (seit März 2023 zugänglich unter sah.tib.eu) für eine räumlich und zeitlich entkoppelte Bearbeitung im Expertendialog aufgebaut. Diese soll die technischen Voraussetzungen und Erschließungsumgebung für die weitere Tiefenerschließung des gesamten GESAH-Bestandes für anschließende Projektvorhaben bilden. Daten, Datenmodell und Software sollen zudem als Open Source vergleichbaren Erschließungsvorhaben zur Verfügung gestellt werden.
4. Schnittstelle zu NFDI4Culture
Die im Zuge der ersten Phase auf der Basis der Open-Source-Software Vitro entwickelte und im März 2023 veröffentlichte Erschließungsumgebung wird im Rahmen von GESAH+ weiterentwickelt und an die Nationale Forschungsdateninfrastruktur for Culture (NFDI4Culture) angebunden. Anhand einer besonders komplexen Gruppe aus dem Teilbestand der Architekturzeichnungen wird für die Kategorie der Meisterstempel bzw. Meisterzeichen ein kontrolliertes Vokabular und eine interoperable Ontologie entwickelt, die als Use Case, über eine zu neu entwickelnde Schnittstelle an die GESAH-Vitro-Instanz gekoppelt, innerhalb der NFDI4Culture Infrastruktur publiziert und nachnutzbar gemacht wird.