Jan Harmensz Muller nach Adriaen de Vries

Merkur und Psyche

Kupferstiche, ca. 1597

erschienen bei Danckert Danckerts, Amsterdam, Mitte 17. Jh.

51,2 cm x 26,4 cm, 50,4 cm x 26,7 cm, 50,7 cm x 26,6 cm

 

TIB, Slg A. Haupt, inv. m N S 1:1-3

Das Set aus drei Kupferstichen zeigt drei Ansichten (1, 2, 3) der Bronzeplastik Merkur und Psyche von Adriaen de Vries (1545/46 oder 1556­–1626/27). Das Motiv für die Figurengruppe ist einer Szene aus der Geschichte Amor und Psyche aus den Metamorphosen des Apuleius (2. Jh. n. Chr.) entnommen. Die schöne Königstochter Psyche hat den Zorn der Venus auf sich gezogen und soll von Merkur in den Olymp gebracht werden. Ineinander verwobene Körper, verschränkte Extremitäten und exaltierte Spannung machen das Bildwerk zu einem rundum erlebbaren Ereignis. Um die Positionen und Bewegungen des Paares zu verstehen, muss sich der/die Betrachter_in selbst um das Werk bewegen. Nach allen Regeln der manieristischen Kunst schuf der Bildhauer Adriaen de Vries 1593 diese figura serpentinata für Kaiser Rudolf II. (1552–1612, Reg. 1576) und den Prager Hof. Geschult an den italienischen Werken Michelangelos und Giambolognas wird der Niederländer Adriaen de Vries ein Meister des manieristischen Stils und später zum Hofbildhauer Rudolfs ernannt.

Als Jan Harmensz Muller (1571–1628) die Plastik um 1597 in den Kupferstich überträgt, wählt er drei unterschiedliche Blickwinkel, um der Mehransichtigkeit der Skulptur in der zweidimensionalen Reproduktion gerecht zu werden. Darüber hinaus gelingt es Muller nicht nur die Bewegtheit der Gruppe, sondern insbesondere die Drehung des Paares und die Aufwärtsspirale durch die stufenweise Erhöhung des Postaments zu veranschaulichen.

Jan Muller, der einer Familie aus Holzschneidern, Stechern, Druckern und Verlegern aus Amsterdam entstammte, ging bei Hendrick Goltzius in Haarlem in die Lehre. Er bildete eine meisterhafte Beherrschung der schwellenden Linie aus und hinterließ neben seinen Drucken auch Zeichnungen und zahlreiche Probedrucke, welche die sonst nur selten fassbaren Zwischenschritte bei der Herstellung von Stichen dokumentieren, so auch für die Serie von Merkur und Psyche (vgl. RM, Amsterdam, inv. RP-P-OB-32.231, RP-P-OB-32.229, RP-P-OB-32.227).

Die vorliegenden Exemplare weisen mehrere Verlegeradressen auf und dokumentieren somit die Geschichte der Kupferplatten, die als wertvolle Geschäftsmasse vererbt und gehandelt wurden. Die chronologisch jüngste Adresse stammt von Danckert Danckerts. Dass sich die drei Platten in seinem Besitz befunden hatten, konnte über ein Inventar erschlossen werden (vgl. J. P. F. Kok 1995, S. 22, B. 82-84), Abzüge mit seiner Adresse waren damals noch unbekannt. Es ist davon auszugehen, dass die drei vorliegenden Abzüge bei Danckerts in Amsterdam als Set hergestellt wurden und seither auch zusammengeblieben sind. Papier, Herstellungsmerkmale, Sammlermarken und Montagereste auf den Rückseiten sprechen für eine gemeinsame Provenienz.

Birte Rubach

 

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