August 2020

Nicolas Béatrizet zug. (tätig ca. 1540-1566), Die Statue des Nil,

Kupferstich, unbekannter Zustand, 36,2 x 55 cm

TIB, Slg. Albrecht Haupt, m I GR S 1

Unter den losen Druckgraphiken der Sammlung Haupts findet sich ein bislang unbekannter Zustand eines Kupferstiches, der einen Zwischenstand des Arbeitsprozesses beim Stechen der Druckplatte dokumentiert.

Das vorliegende Blatt zeigt die antike Statue des Nil, die 1513 in Rom bei S. Maria sopra Minerva aufgefunden und anschließend im päpstlichen Statuenhof des Belvedere im Vatikan aufgestellt wurde. Mit den figürlichen Reliefs, die drei Seiten der Plinthe zieren, rahmt der Stecher seine Darstellung der lagernden Flussgestalt oben und seitlich, während Wasser und Ufer bis zum unteren Bildrand gezogen werden.

Die heute vollständig restaurierte Skulptur wies in der Renaissance zahlreiche Fehlstellen insbesondere bei den zierlichen „Kindern“ auf, die auf dem muskulösen Körper herumtollen. In der Darstellung werden diese unterschiedlich stark rekonstruiert, so dass einerseits ein beschädigter Zustand zu erkennen bleibt, andererseits der detailreiche und verspielte Charakter des Werks vermittelt wird.

Das Blatt zeigt einen Zustand vor der Schrift und mit zahlreichen Abweichungen vom ersten bisher bekannten Zustand dieser Platte. Abgesehen von der langen Inschrift in Versalien, die später in der linken Blatthälfte angebracht wird (und in der auch Antonio Lafreri als Herausgeber genannt wird), sind nur 14 der 16 Kinder des Nil dargestellt. Ebenfalls noch nicht ausgeführt sind die Weizenähren im Kranz auf dem Haupt des Nil oder der Dekor des Füllhorns, das er mit seiner linken Hand umfasst. Die ungelenk wirkende Stelle im Bereich der Füße, wo sich zwei der Kinder die Hand zu reichen scheinen, markiert eine Bruchkante, an der in den späteren Zuständen der Platte sowie an der restaurierten Skulptur der Kopf eines Krokodils ergänzt ist.

Dass es sich bei diesem Blatt um den Zwischenstand eines Arbeitsprozesses handelt, findet seine Bestätigung auch auf dem Verso, wo die gepauste Skizze eines Madonnenhauptes auf die Weiterverwendung des Papiers innerhalb einer Werkstatt hindeutet.

br