Digitalisierung der Ethnologischen Filmsammlung
Im November 2012 wurde die Filmsammlung des Instituts für den Wissenschaftlichen Film inklusive aller daran bestehenden Rechte im Rahmen der Liquidation des IWF mit einem Medienübertragungsvertrag zwischen IWF, Niedersächsischem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK) und TIB auf die TIB übertragen.
Die ethnologische Filmsammlung des IWF ist die größte weltweit und umfasst ca. 2000 Filme. Eigenständige Referate für Volkskunde und Völkerkunde betreuten die mit externen Fachautoren gemeinsam durchgeführten Filmvorhaben. Diese dokumentieren Bräuche und handwerkliche Traditionen sowie sozio- und kulturelle Prozesse: von materieller Kultur, Wirtschaft, Handwerk über die Künste – insbesondere Musik und Tanz – bis hin zu Brauchtum, Ritus, Religion und Heilkunde. Die Sammlung repräsentiert einen Produktionszeitraum von 100 Jahren ethnologischer Filmgeschichte, mit den frühesten Beispielen vom Anfang des 20. Jahrhunderts und den 1960er bis 1980er Jahren als der ertragreichsten Periode. In diese Zeit fallen auch große, von der DFG und VW-Stiftung geförderte Expeditionen nach Zentral- und Westafrika oder Papua-Neuguinea. Heute sind dies teilweise die einzigen filmischen Zeugnisse untergegangener kultureller Ausdrucksformen und ihrer Akteure.
Bei den ethnologischen und volkskundlichen Filmen des IWF handelt es sich in vielfacher Hinsicht um einen wissenschaftlich bedeutsamen Quellenbestand. Die Materialien konnten bis dato jedoch nicht systematisch wissenschaftlich ausgewertet werden, da sie überwiegend analog und - wenn digital - in einer niedrigen Auflösung vorliegen. Eine hochauflösende Digitalisierung des gesamten ethnologischen Filmbestandes bietet die Voraussetzung für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung unter kultur- und filmhistorischen sowie wissenschaftsgeschichtlichen Gesichtspunkten mit diesem Sammlungsbestand.
Ausgewiesene fachwissenschaftliche Experten haben in diesem Zusammenhang unterschiedliche Forschungsfragen definiert, die alle eine hochauflösende Digitalisierung der Filmsammlung erfordern um eine stärkere Ausschöpfung des intellektuellen Potentials dieser Objekte zu ermöglichen. Dazu gehört beispielsweise das Aufsetzen von Verfahren zur automatischen Erkennung und Erschließung visueller Inhalte (Objekt- bzw. Konzeptdetektion), auf deren Basis Suchanfragen inhaltlicher bzw. semantischer Art beantwortet werden können.
Die im Projektantrag beigefügten Letter of Intent bezeugen eindrucksvoll, das für die Digitalisate mit ihrer erweiterten Erschließung ein nachgewiesenes Forschungsinteresse besteht.
Eine Verwertung besteht im Rahmen des wissenschaftlichen Transfers in Form der Bereitstellung und der Langzeitarchivierung der mit Metadaten und Begleitmaterialien angereicherten Digitalisate im TIB AV-Portal. Auf diese Weise haben WissenschafterInnen und - je nach Rechtesituation - die interessierte Öffentlichkeit, einen schnelleren, effektiven und rechtssicheren Zugriff auf das ethnologische Filmerbe des IWF. Nach der Bereitstellung der angereicherten Daten im TIB AV-Portal und der Distribution der Metadaten in der ethnologischen Community dürfte sich der wissenschaftliche Erkenntnisgewinn aus der Nutzung der Daten signifikant erhöhen.